Wie heißt es so schön in den Ratgebern für einen gesunden Schlaf? Möglichst auf die innere Uhr hören. Vor 12 Uhr zu Bett gehen. Möglichst in einem ruhigen und dunklen Umfeld schlafen. Regelmäßige Schlafzeiten beibehalten. Das erzähle dann mal den Menschen, die in einer Nachtschicht oder Wechselschicht tätig sind. Wer zu unregelmäßigen Zeiten schlafen gehen muss, weil sein Beruf es nicht anders zulässt, der hat in den allermeisten Fällen mit Schlafstörungen und seinen Folgen zu kämpfen.
Wieso kann es durch Schichtarbeit zu Schlafstörungen kommen?
Schichtarbeit heißt zunächst einmal, dass die normale Arbeitszeit der Belegschaft einer Firma nicht ausreicht, die gewünschte (Dienst)Leistung zu bringen. Es werden Schichten eingeführt. Eine Früh- und eine Spätschicht, in manchen Betrieben wird auch rund um die Uhr gearbeitet und es wird in ein oder zwei Nachtschichten gearbeitet.
Nun gibt es Menschen, die kommen morgens gut aus dem Bett und andere, die erst langsam auf Betriebstemperatur kommen. Eine gleitende Arbeitszeit oder eine Einteilung in Früh- und Spätschicht kann da durchaus förderlich für das Wohlbefinden sein. Sofern nicht ständig und gegen die Neigung der jeweiligen Mitarbeiter hin und her gewechselt wird. Auf Dauer ist eine ständige oder teilweise Nachtschicht, das ist wissenschaftlich belegt, schädlich für einen gesunden Schlaf und somit für die Gesundheit.
Durch diese Art der Schichtarbeit wird der natürliche zirkadiane Rhythmus des Menschen gestört. Der zirkadiane Rhythmus ist der von der Natur vorgegebene Schlaf- und Wachrhythmus, der in etwa mit dem normalen 24 Stunden Tag (Erdrotation) übereinstimmt. Es sei denn, er wird bewusst durch die Umwelt gestört und verschoben. Der Körper ist mit seinem Hormonstatus und seiner Körpertemperatur auf den naturgegebenen Rhythmus abgestimmt. Die schädlichen Auswirkungen von Schichtarbeit auf den gesunden Schlaf sind:
- unregelmäßige und unpassende Schlafzeiten gegen den natürlichen Rhythmus
- verkürzter Schlaf (oft um zwei bis vier Stunden) durch Störfaktoren am Tag
- Störung der Schlafarchitektur (das natürliche System aus Tiefschlaf, Leichtschlaf und REM-Phasen).
Die Folgen von Schlafproblemen durch Schichtarbeit
- verminderte Leistung bei der Arbeit (absoluter Leistungstiefpunkt zwischen 2 und 5 Uhr)
- verminderte Leistung und Konzentrationsfähigkeit durch Schlafdefizit und verminderte Schlafqualität
- erhöhte Unfallrisiken
- erhöhte soziale Spannungen (Familie, Freunde, Partnerschaft)
- psychische Belastung, sinkende Gedächtnisleistung
- gesundheitliche Probleme (Magen-Darm-Beschwerden, Herzkrankheiten)
Gesundheitliche Risiken der Schichtarbeit so gering wie möglich halten
Grundsätzlich kann ein junger Organismus mit solch einer Situation besser umgehen als der von älteren Menschen. Es gibt zudem zwei Stellschrauben, an denen du drehen kannst, wenn Wechsel- oder Nachtschicht deine Schlaf- und somit deine Lebensqualität erheblich einschränken. Da gibt es kleine Tricks, um bestmöglich mit dieser Situation klarzukommen und dann die Empfehlung, beim Arbeitgeber die Situation offen anzusprechen. So kannst du versuchen, für dich und letztendlich ja auch für den Arbeitgeber, die bestmöglichen Bedingungen auszuhandeln. Schließlich profitiert auch er von deiner Gesundheit und den damit verbundenen guten Leistungen.
Tricks für Schichtarbeiter
- Schlafmittel und Aufputschmittel sind keine Lösung! Auch wenn es sich zunächst besser anfühlen mag, auf Dauer wird es deine Probleme verschlimmern. Mit Sicherheit.
- Verbesserung der äußeren Gegebenheiten durch Ohrstöpsel, Augenbinden oder die Verdunkelung des Zimmers, während des Tagesschlafes.
- Sogenanntes „weißes Rauschen“ mittels bestimmter Begleitgeräusche, um die Lärmquellen des Tages zu überdecken (Ventilator, Radio, Soundmachine).
- Telefon abschalten, „nicht stören“-Schild an die Tür hängen.
- Falls möglich, versuche, dich stundenweise an die Zeiten der Nachtschicht heran zu schlafen.
- Das richtige Licht während der Nachtarbeit (Kunstlicht, welches Tageslicht simuliert liegt bei 1000 Lux) ist wichtig.
- Einnahme von künstlichem Melatonin (Schlafhormon) für den Tagesschlaf wurde noch nicht hinreichend auf Nutzen und Nebenwirkungen getestet.
- Auch an arbeitsfreien Tagen zu den gleichen Zeiten schlafen gehen (Nachtschicht), um nicht aus dem Rhythmus zu kommen.
- Stichwort Schlafhygiene: Das heißt, Rituale vor dem Einschlafen pflegen (Zähneputzen, Lesen, Musik hören etc.).
- Kurze Nickerchen zwischendurch haben nicht die gleiche Schlafqualität, wie ein ausreichender Nachtschlaf, können aber guttun. Besonders, wenn sie zur richtigen (zirkadianen) Zeit, in der Nacht, stattfinden können.
- Moderat koffeinhaltige Getränke und kohlenhydrathaltige Nahrung während der Nachtschicht wirken sich positiv auf dein Wachverhalten aus.
- Nach der Arbeit nicht hungrig ins Bett gehen, aber auch keine fettigen, schwer verdaulichen Speisen essen.
Versuche folgende Bedingungen mit deinem Arbeitgeber auszuhandeln:
- nach spätestens fünf Nachtschichten, ein oder mehrere freie Tage
- nicht mehr als 3 oder 4 zwölfstündige, aufeinanderfolgende Nachtschichten
- keine wöchentlichen Schichtwechsel
- Schichtplan immer vorwärtsrotierend (d. h. auf Frühschicht folgt Spätschicht folgt Nachtschicht)
- überschaubare und verlässliche Schichtpläne
- unbedingte Einhaltung ausreichend langer Pausen